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Abmahnung Fototapete – unwesentliches Beiwerk gem. § 57 UrhG?

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Haben Sie an Ihren Wänden vielleicht auch eine Fototapete angebracht? Falls ja, dann sollten Sie besser keine Fotos der Wand oder des Raumes machen, auf denen die Fototapete zu erkennen ist und diese im Internet veröffentlichen, denn sonst könnte auch Ihnen eine Abmahnung drohen, sofern Ihnen dafür keine Nutzungsrechte zustehen.

 

Quatsch sagen Sie? Sie haben die Fototapete doch schließlich rechtmäßig erworben und können damit jetzt machen was Sie wollen.

 

Vorsicht, Vorsicht und nochmals Vorsicht!

Stellen Sie sich bitte einmal folgende Situation vor: Sie haben ein Ladenlokal und bringen an einer Wand eine Fototapete an, die Sie ordnungsgemäß im Laden, oder vielleicht auch online gekauft haben. Jetzt machen Sie Fotos von Ihrem Laden und veröffentlichen diese zum Beispiel bei Facebook, weil Sie auf sich aufmerksam machen möchten. Auf den Bildern ist natürlich die Fototapete zu sehen.

 

Über etwaige Nutzungsrechte haben Sie sich leider keine Gedanken gemacht.

 

Sehen Sie das Problem?

Hätten Sie gedacht, dass dem Urheber der Fototapete gemäß § 97 Abs. 1 UrhG ein Anspruch auf Unterlassung gegen Sie zusteht, wenn Sie die Fotos veröffentlichen? Ja, tatsächlich, denn Sie würden die Rechte des Urhebers zur Vervielfältigung gemäß § 16 UrhG und zur öffentlichen Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG verletzen, weil Sie durch den Kauf der Fototapete nicht auch zugleich die Nutzungsrechte zu einer Vervielfältigung und auch nicht zu einer öffentlichen Zugänglichmachung erworben haben.

 

Gilt hier nicht § 57 UrhG? 

Auf die Bestimmung des § 57 UrhG könnten Sie sich in dem Beispielsfall auch nicht berufen, denn die Werke des Urhebers werden nicht als nur unwesentliches Beiwerk genutzt. Die Fotografien des Urhebers werden von Ihnen als Fototapete in ihrem Ladengeschäft genutzt. Damit bilden die Werke des Urhebers den Hintergrund der Fotografien von Ihnen. 

„Da die Bewertung als unwesentliches Beiwerk im Sinne des § 57 UrhG die Beurteilung des inhalthohen Zusammenhangs zwischen dem Werk und dem Hauptgegenstand voraussetzt, hängt der Umfang des Gegenstands einer einheitlichen Beurteilung des Durchschnittsbetrachters außerdem davon ab, ob und inwieweit im Einzelfall inhaltliche Bezüge den Aussagegehalt des Gegenstands der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe bestimmen (Dreyer in: Dreyer/Kotthof/Meckel/Hentsch, Urheberrecht, 4. Aufl. 2018, 857 Unwesentliches Beiwerk, Rn. 7). Bei Werbefotos und -filmen kommen dem Ambiente im allgemeinen Bedeutung auch für das Werk zu, mit der Folge, dass § 57 UrhG mangels Beiwerkcharakters der werbenden Darstellung regelmäßig nicht einschlägig ist (Dreyer a.a.O. Rn. 10) § 57 UrhG privilegiert nicht die stil- oder stimmungsbildende oder die Wirkung oder Aussage der Werbung unterstreichende Einbeziehung urheberrechtsgeschützter Werke in Werbung. Wird das Beiwerk jedoch vom Betrachter als zum Gesamtkonzept gehörig wahrgenommen, kommt es auf den Gesichtspunkt der (ästhetischen oder stilistischen) Austauschbarkeit eines urheberrechtlich geschützten Werkes mit einem anderen – ggf. ebenfalls urheberrechtlich geschützten – Werk nicht mehr an. (BGH — Möbelkatalog, a.a.O Rn. 27, 31; zu § 23 Abs 1 Nr 2.KUG : BGH NJW 1961, 558 f. – Familie.Schölerniann-). Die Wanddekoration als Teil des ästhetischen oder stilistischen Gesamtbildes kommt bei der Präsentation von der Öffentlichkeit zugänglichen Räumlichkeiten eines Hotels in den Augen eines Durchschnittsbetrachters aber noch nicht einmal eine geringe oder nebensächliche Bedeutung zu. Dies wäre aber für die Annahme einer Unwesentlichkeit im Sinne von 8 57 UrhG erforderlich (vgl. BGH, GRUR 2619, 813— Cordoba Il — Rn. 59 m.w.N.).

 

Auch nach der sog. Zweckerreichungslehre ist es nicht erforderlich, dass mit der Zustimmung des Antragstellers in die Herstellung von Vervielfältigungsstücken in Form von Fototapeten dem jeweiligen Verwender zugleich zur zweckentsprechenden Nutzung zu Dekozwecken zugleich die hier verfahrensgegenständlichen Verwertungsrechte eingeräumt werden. Eine Erschöpfung ist nur an der jeweiligen Fototapete als Vervielfältigungsstück eingetreten.“

 

LG Berlin, Beschluss vom 04.08.2020, Az.: 15 O 301/20

 

Anspruch auf Schadenersatz, § 97 Abs. 2 UrhG

Der Urheber kann zudem Schadensersatzansprüche gegen Sie geltend machen.

 

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